ESC 2/3: Warum der Eurovision Song Contest immer politisch war
Schon der erste ESC war auf seine Art politisch. Und es gibt seit der Gründung 1956 dutzende Beispiele für politische Aktionen oder Statements. Früher schien das noch eher möglich als heute. Weshalb ist das so?
Redaktion: Silvan Zemp
Musikwissenschaftlerin Saskia Jaszoltowski des Instituts für Kunst- unbd Musikwissenschaft der Universität Graz unterstreicht die Schwierigkeit, politische Auftritte zu definieren, da sie oft subtil sein können, beispielsweise durch Symbole oder Songtexte. ESC-Historiker Dean Vuletic betont, dass beim Eurovision Song Contest entweder politische oder sexuelle Provokation notwendig sei, um aufzufallen. Er verweist auf politische Statements wie den Einsatz des jüdischen Holocaustüberlebenden Walter Andreas Schwarz durch die junge Bundesrepublik Deutschland beim ersten ESC im Jahr 1956. Dies verdeutliche die von Anfang an politische Dimension dieses Wettbewerbs.
Sowohl Vuletic als auch Jaszoltowski sind sich einig, dass die politische Dimension des ESC vielschichtig ist und nicht vollständig vermieden werden kann. Darüber hinaus wird die vorherige Einschränkung für ehemalige Ostblockstaaten, bis 1990 am ESC teilzunehmen, diskutiert, was zur Einrichtung des Intervision Song Contest in diesen Ländern führte. So nahm Karel Gott 1968 an beiden Wettbewerben teil, wobei er beim westeuropäischen ESC ein politisches Lied über die Trennung von Ost und West präsentierte.