mit Richard Kriesche und Univ.-Prof. Dr. phil. Sabine Flach
am Donnerstag, 23. Oktober 2014 um 18.30 Uhr
Galerie Zimmermann Kratochwill Opernring 7
8010 Graz
RICHARD KRIESCHE: THE CLOUD die ausstellung "the cloud" zeigt werke eines künstlers, der in fünfzigjähriger praxis die kulturellen, ökonomischen, soziologischen, politischen und technologischen dimensionen des mensch-seins reflektiert.
das künstlerische tun richard kriesches entwickelt sich aus einer analytischen haltung in einer Zeit, die geprägt ist von den markantesten technisch-technologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen umwälzungen der westlichen welt.
als absolvent der akademie der bildenden künste und der universität wien konzentriert sich das frühe werk kriesches auf die zeichnerische und malerische umsetzung der informationsästhetik, basierend auf mathematischen systemen. diese überlegungen zur kontextualisierung visueller strukturen definieren das ende seiner malerei in jahr 1968, sind aber gleichzeitig grundstein für die weiterführende künstlerische praxis, die sich vom traditionellen kunstkontext löst und in den gesellschaftlichen raum hinein erweitert - von den gedanken, wie sich kunst außerhalb des galeriekontextes und künstler, vom atelier befreit definieren sollen, geprägt. nach "Kunst ist nicht das Bezeichnete, Kunst ist das Bezeichnen" sucht kriesche zunehmend die interaktion mit der öffentlichkeit, die als künstlerisches forschungsfeld zu verstehen ist. 1971 sagt er bei einer ausstellung in london, dass "Kunstobjekte reale und unmittelbare Bedürfnisse erfüllen sollten". kriesche arbeitet an der sozialen skulptur dem künstlichen rahmen des kreierens enthoben und wendet sich mit dieser arbeit vom kommerziellen kunstbetrieb ab. der gesellschaftlichen raum wird kriesche's wirkungsbereich. es folgen projekte die sich zunehmend mit dem menschen im netzwerk des weltlichen befassen, weder natur, soziale beziehungsgeflechte oder historie noch soziokulturelle und wissenschaftliche entwicklungen schließen sich aus. kriesche leistet keine übersetzungsarbeit und sucht auch nicht forschungserkenntnisse zu simulieren. er erforscht mit konzeptueller methodik die existenz - des sichtbaren und unkörperlichen - die zusammenhänge oder mechanismen des systemischen.
die rasante entwicklung zu einer informationsgesellschaft und das, jener eigenen wertesystem, generiert eine zeitweilige kunst; mit preisschild und unterhaltungswert. auf den wachsenden einfluss der massenmedien auf diese form der gesellschaft und der verkommerzialisierung von kunst und gesellschaft reagiert kriesche indem er diesen fragenkomplex in sein forschungsfeld integriert.
kriesches arbeit stellt sich immer wieder der frage nach der gesellschaftlichen bedeutung von kunst und der damit verbundenen rolle des künstlers. 2011 sagt er: "Es ist nicht mehr die Frage, inwieweit ich mich in meiner Persönlichkeit in dieser Welt existentiell verstehe, sondern die Frage ist, inwieweit ich mich in dieser Welt, als Weltgemeinschaft im Sinne einer umfassenden Definition der Menschenrechte verstehe; inwieweit wir in der Lage sind, aufgrund unserer Erkenntnisse dessen, was ein Individuum ist, jetzt auch in der Menschheit ein individuum zu erkennen: Das heißt, mein Körper ist Teil eines Megakörpers. Wenn man es technologisch sieht: Wie begreife ich mich in einer komplexen, vernetzten Welt mit meinem eigenen, komplex vernetzten Hirn"....und eben diese fragen werden uns noch lange begleiten.
es scheint, als würde kriesche an der existenz des optischen singulars, wenn nicht zweifeln so zumindest dessen systemische sinnhaftigkeit in frage stellen. wenn der mensch sich im datenstrom, nicht in der bildwirklichkeit begreifen soll und die komplexität sich durch eben diese datenakkumulation verdichtet, sind dann entgleisungen der balance überhaupt noch wahrnehmbar und als solche zu erfassen?
kriesche hat die welt zu seinem atelier gemacht. sein schaffen ist dem visuellen entwachsen und er fürht den dialog über kunst in wissenschaftlichen und politischen räumen fortgeführt. durch die sich wiederholende geschichte der menschheit weiß man um die gefährlichkeit der einseitigen ressourcenakkumulation, was neu ist, ist die verschärfung der gefahren des altern oder "out-dating".
doch warum diese plötzliche zuwendung zum kommerziellen raum wenn das kunstmachen über das wertschaffen hinausgeht? in den letzten jahren setzt er sich zunehmend mit der körperschaft von unternehmen auseinander und arbeitet am thema "unternehmensaesthetik". letztlich ist auch die galerie ein unternehmen mit ästhetischem auftrag- und so stellt er sich nach jahrzehntelanger galerieabstinenz der herausforderung, dieses terrain neu zu beschreiten.