Für die höchstmögliche akademische Ehre Österreichs ist es nie zu spät: MMag. Elisabeth Brenner, 64-jährige Absolventin der Kunstgeschichte an der Karl-Franzens-Universität Graz, erhielt heute, 10. Dezember 2015, im Beisein von Bundespräsident Heinz Fischer die Doktorwürde. „Die außergewöhnlichen Leistungen der Promovendin sind ein eindrucksvolles Beispiel für erfolgreiches lebenslanges Lernen. Universitäten sind Orte der Forschung sowie der Aus- und Weiterbildung – und das gilt selbstverständlich auch für Studierende in der zweiten Lebenshälfte, von deren Begeisterung und Wissensdurst die hohen Schulen enorm profitieren“, freute sich Rektorin Christa Neuper über die Auszeichnung. Bundespräsident Heinz Fischer überreichte Brenner feierlich den Ehrenring der Republik Österreich und würdigte ihre außergewöhnlichen Studien-Leistungen, die er mit einem Marathon verglich: „Diesen mit durchwegs hervorragendem Erfolg abzuschließen, verdient Hochachtung. In den vergangenen elf Jahren habe ich mehr als 100 Sub Auspiciis-Promotionen erlebt, aber nur zwei Mal wurden Seniorstudierende derart gewürdigt.“
Elisabeth Brenner war 20 Jahre lang Lehrerin für Mathematik und Englisch an der HLW Schrödingerstraße in Graz und nahm erst in der Pension das Kunstgeschichte-Studium auf. „Zunächst habe ich mir eine weitere universitäre Ausbildung so lange nach meinem Lehramtsstudium nicht zugetraut, aber heute bin ich stolz darauf, diesen Schritt gewagt zu haben“, resümiert Brenner. Dazu überredet hat sie ein anderer Grazer Kunstgeschichte-Absolvent: Profi-Tänzer Willi Gabalier, den Brenner – selbst staatlich geprüfte Tanztrainerin – schon lange kennt. An der Universität habe sie aufgrund ihres Alters nie Schwierigkeiten erlebt, sondern vielmehr die Möglichkeit genossen, sich ganz in ihr Interessensgebiet vertiefen zu können. Ihre Dissertations-Betreuerin, Ao.Univ.-Prof. Dr. Margit Stadlober, spricht Brenner außergewöhnliche Begabung für das Fach aus: „Ihre Arbeit zeigt höchste wissenschaftliche Präzision, eine ideale Verbindung von Theorie und Praxis und ein Ergebnis, das innerhalb der internationalen Mittelalter- sowie der Zisterzienserforschung Beachtung finden sollte.“
Tatsächlich stellt Brenners Dissertation die Rekonstruktion des ursprünglichen Baus des weltältesten Zisterzienser-Klosters, Stift Rein bei Graz, dar. Das Kloster, gegründet im Jahr 1129, wurde in den folgenden Jahrhunderten mehrmals verändert, sodass von der originalen Bausubstanz heute nur mehr wenig zu sehen ist. Wie das Stift außen und innen eigentlich aussah, verdeutlicht Brenner in einem 3 D-Modell, das ihr Ehemann, Ao.Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Eugen Brenner vom Institut für Technische Informatik der TU Graz, auf der Basis einer graphischen Entwurfsmethode erstellt hat, die im Rahmen einer Habilitation zum Thema „Cultural Heritage“ an der TU entwickelt wurde.
Donnerstag, 10.12.2015