Aufgrund von Streiks von der Deutschen Bahn und der Lufthansa muss der Gastvortrag abgesagt werden und wird auf einen anderen Termin verschoben!
Das Institut für Kunst- und Musikwissenschaft freut sich sehr, zum Vortrag "Zeichnen lernen in Indien. Koloniale und nationale Ansprüche an eine umstrittene Fertigkeit" von Prof. Eva Ehninger (Institut für Kunst- und Bildgeschichte, Humboldt Universität zu Berlin) einladen zu dürfen.
Während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts richtete die britische Kolonialregierung vier Kunstgewerbeschulen in den Städten Madras, Calcutta, Bombay und Lahore ein. Indem die Ausbildung der Handwerker zentralisiert und formalisiert wurde, sollte die Qualität des indischen Kunstgewerbes dauerhaft für den globalen Handel gesichert werden. Das Curriculum der Schulen orientierte sich dabei strikt am Vorbild der National Art Training School, situiert im South Kensington Museum, London, wo das Zeichnen als entscheidende Grundlage sowohl für die handwerkliche als auch für die künstlerische Ausbildung galt. Nach der Transformation Indiens und Pakistans in zwei unabhängige Nationalstaatenbegannen diese ursprünglich kolonialen Institutionen ab Mitte des 20. Jahrhunderts ihre zweite Karriere als nationale Kunstakademien. Mein Vortrag thematisiert die Rolle des Zeichnens in diesem institutionellen Kontext. Der Fokus auf die sich verändernde Bewertung und Vermittlung dieser künstlerischen Fertigkeit ermöglicht es mir, das Verhältnis von Kunstgewerbe und Kunst, beziehungsweise von der Produktion kolonialer Handelsgüter gegenüber der Konstruktion nationaler kultureller Identität neu zu diskutieren.
Eva Ehninger ist Professorin für Kunstgeschichte der Moderne am Institut für Kunst- und Bildgeschichte, Humboldt Universität zu Berlin. Seit Januar 2024 leitet sie gemeinsam mit Sharon Macdonald das neu gegründete Käte Hamburger Kolleg inherit. heritage in transformation. Sie interessiert sich dafür, wie Kulturerbe in andere Medien überführt und in unterschiedliche historische und kulturelle Kontexte integriert wird, und wie sich durch diese Dynamiken die Bedeutung und Bewertung kultureller Artefakte verändert. Aktuelle Forschungsschwerpunkte beinhalten die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Konzeptionen von Bildung sowie alternativen Vorstellungen von Zeit und Geschichte in kolonialen, postkolonialen, transnationalen und transkulturellen Zusammenhängen, mit einem geographischen Schwerpunkt auf Indien.